Senegal 1997
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Meine Schwester studiert zwei Semester in Dakar im
Senegal. Das ist für Hiltrud und mich die Gelegenheit dieses fremde
Land ein wenig kennenzulernen. Wir wollen sie besuchen. Wir haben zwar
nur zwei Wochen Zeit, aber für einen kurzen Urlaub reicht das. Der
Flug mit Air-France geht Samstag Vormittag ab Hamburg, in Paris müssen
wir umsteigen. Wir haben unser Gepäcklimit ziemlich ausgereizt, drei
große Taschen und superschweres großes Handgepäck. Nicht
nur daß wir Nachschub für meine nach europäischen Lebensmittel
schmachtende Schwester mitbringen müssen, meine Mutter hat uns auch
Unmengen von Stiften Papier und weiterem Krimskrams für eine afrikanische
Lehrerin eingepackt. Natürlich wird gerade diese Tasche im Hamburger
Flughafen streng kontrolliert, und als ich dann auch noch sage, daß
ich nicht so genau weiß was drin ist mache ich mich natürlich
gleich verdächtig. Als ich dann aber sage, daß meine Mutter
da Dinge für eine afrikanische Schule hineingetan hat werden die Zöllner
wieder etwas freundlicher, wir dürfen nach kurzer Zeit passieren.
Mein Handgepäck wiegt bestimmt 10 Kilo. Ich habe neben Schwarzbrot,
Salami, Puddingen Schokolade und weiterem Schnabbelkram den man im Senegal
nicht oder nur überteuert bekommt auch ungefähr 10 Rollen Toilettenpapier
in die Lücken gestopft, da dieses im Senegal sehr teuer ist. Senegalesen
benutzen zu diesem Zwecke nämlich die (linke) Hand und Wasser (wenn
vorhanden...). Nun gut, die Peinlichkeit daß diese Tasche zu kontrollieren,
wird mir hier zum Glück erspart.
Ich versuche mein "Handgepäck" so zu tragen, daß ich
möglichst locker aussehe, nicht daß jemand auf den dummen Gedanken
kommt die Tasche wiegen zu wollen... Das Wetter ist ziemlich trübe.
In Paris steigen wir um. wir fliegen nun mehr oder weniger immer an der
nordwestafrikanischen Küste entlang. Uns wird klar, wie weit wir mit
unserem VW-Bus durch Marokko 1995 gefahren sind, obwohl wir schon Stunden
im Flugzeug sitzen überfliegen wir immer noch Gebiete, die wir seinerzeit
mit dem Auto befahren haben...
Mit Einbruch der Dunkelheit kommen wir in Dakar an. Wir verlassen das Flugzeug,
in der Abfertigung herscht totales Chaos. Wir sind aber darauf vorbereitet.
Kurz bevor wir unseren Paß vorzeigen dürfen schließt unser
Schalter, unsere Schlange wird vom Zöllner einfach in die andere Schlange
hineingeschoben. Das klappt auch einigermaßen. Bald sind wir durch
die Paßkontrolle hindurch und gelangen nun in einen Raum in dem das
Gepäck auf einem Fließband angefahren kommt. Wir haben selbstverständlich
unsere Taschen mit kleinen Schlössern abgeschlossen und diverse Riemen
kreuz und quer herumgeknotet damit niemand "mal schnell" hineinlangen
kann, was hier wohl öfters vorkommt.
Naja, drei unserer vier Gepäckstücke kommen auch gleich, aber
die letzte Tasche, in der sich Hiltruds Kleidung befindet kommt nicht. Wir
warten und warten, die Gepäckhalle wird immer leerer, irgendwann bleibt
das Fließband stehen, die Tasche fehlt. Nunja, wohl geklaut. Wir
gehen zum Gepäckschalter und berichten dem Schaltermenschen von unserem
Dillemma. Sehr umständlich und sehr langsam, aber nett und freundlich
nimmt er unseren Vorgang auf, schaut sich die Gepäckzettel an und
blättert in irgendwelchen Heften herum. Wir haben den Eindruck daß
der Mensch überhaupt keine Ahnung hat was er tut.
Während Hiltrud noch in dem Büro bleibt, will ich kurz rausgehen
und Kurt (der Freund meiner Schwester Sigmunde) der uns abholt Bescheid sagen,
daß es noch etwas dauert. Sigmunde ist krank, sie hat gerade Amöbenruhr
und bleibt zu Hause, deshalb holt Kurt uns ab. Er macht sich bestimmt schon
Sorgen. Ich muß allerdings an der Zollkontrolle vorbei und dann wieder
zurück. Ich versuche dem Zöllner in meinem gebrochenen französisch
klarzumachen, daß ich nur kurz raus will meinem Freund Bescheid sagen
daß ein Koffer verlorengegangen ist, und dann wieder zurück
zu dem Gepäckschalter möchte. Er schaut kurz in meinen Paß
und läßt mich durch. In dem Raum davor herrscht das totale Chaos.
Überall Menschen, Taxifahrer Andenkenverkäufer ein lautes Geschrei,
und irgendwo Kurt der uns abholen will. Meine Schwester hat mir erzählt,
daß die Zöllner, wenn das Gedrängel zu schlimm wird einfach
mit dem Gürtel in die Menschenmenge schlagen, aber das ist heute zum
Glück nicht der Fall. Ich erblicke Kurt gleich und sage ihm kurz, daß
wir wegen eines fehlenden Gepäckstücks noch einen Moment brauchen.
Dann gehe ich schnell wieder zurück, bevor der Zöllner mein Gesicht
vergessen hat. Die Weißen sehen ja alle so gleich aus...
Nach einiger Zeit zeigt der Beamte vom Gepäckschalter auf unseren
Gepäckabschnitt und erzählt uns, daß die Tasche in Abidjan/Elfenbeinküste
sein muß. Das klingt logisch, in Hamburg checkte vor uns ein Mann
ein, der Nach Abidjan fliegen wollte. Da wir mit zwei Leuten drei Taschen
hatten, sind die Angestellten von Air-France wohl etwas durcheinander gekommen...
Nungut, wir hatten also eine reelle Chance unser Gepäck wiederzubekommen.
Die Elfenbeinküste ist auch nicht so ein ganz großer Chaotenstaat,
es ist also nicht zwingend vorausschaubar daß das Gepäck dort
geklaut wird. In ungefähr zwei Tagen sollen wir unsere Tasche abholen
können.
Wir gehen nun wieder durch die Zollkontrolle, diesmal mit Gepäck.
Da der Beamte mich ja schon kennt hoffe ich, daß unsere Taschen nicht
kontrolliert werden. Er möchte aber in mein Handgepäck hineinschauen,
das ist die Tasche in der die deutschen Lebensmittel und das Klopapier
sind. Das ist mir nun wirklich sehr peinlich, erstens das Klopapier was
hier sowieso ungebräuchlich ist, und dann diese Luxuslebensmittel,
die ich in ein armes Land einführe in dem noch viele Menschen hungern.
Der Zöllner grabbelt einmal durch meine Tasche, scheint nicht weiter
beeindruckt zu sein und winkt uns schnell durch.
Kurt sieht auch noch etwas matt aus, er war auch krank gewesen. Überhaupt
waren alle Mitbewohner meiner Schwester mehr oder weniger oft krank das
muß man einfach akzeptieren, wenn man ein wenig am afrikanischen
Leben teilnehmen will.
Nach der Begrüßung sollen wir Kurt folgen, und uns von niemandem
anquatschen lassen. Wir sollen kein Taxi betreten bevor er nicht irgendwo
einsteigt.
Eine Horde Taxifahrer folgt uns, will uns davon überzeugen in Ihr
Taxi einzusteigen. Sie zerren an unserem Gepäck, wir gehen aber einfach
weiter. Direkt am Flughafen herrscht die "Taxi-Mafia", die mit
total überhöhten Preisen versucht die Touristen abzuzocken. Wenn
wir ein Stück gehen und ein anders Taxi nehmen wird es deutlich billiger.
Nach ein paar hundert Metern hat Kurt mit einem Taxifahrer einen Preis ausgehandelt,
wir packen unser Gepäck in den Kofferraum und steigen ein. Als wir
losfahren will der Fahrer aber plötzlich doch mehr Geld haben. Kurt
springt wieder aus dem Wagen, und ruft uns zu "RAUS"! Glücklicherweise
ist das Kofferraumschloß kaputt, wir nehmen unser Gepäck heraus,
Kurt hält ein anderes Taxi an. Um uns herum ein Riesengeschrei von
dem Taxifahrer und dessen befreundeten Taxifahrern. Wir steigen in das
andere Taxi ein, um uns herum schreien all die anderen Taxifahrer und bedrohen
nun unseren neuen Chauffeur. Er gehört offensichtlich nicht zur "Flughafen
Maffia" und somit soll verhindert werden, daß er die lukrative
Beute bekommt. Er beugt sich der Übergewalt. Wir steigen also wieder
aus. Glücklicherweise haben wir diesmal das Gepäck nicht in den
Kofferraum getan, sondern haben den ganzen Krempel auf dem Schoß.
Nun steigen wir wieder in das erste Taxi, der Fahrer will uns nun doch
zu dem ursprünglich vereinbarten Preis zu dem Haus bringen, wo Kurt,
meine Schwester und die anderen Studenten wohnen. Das klappt dann auch
ganz gut, ist aber etwas unbequem mit dem Gepäck auf dem Schoß.
In den Kofferraum tun wir das Gepäck lieber nicht, damit wir im Notfall
schnell flüchten können. Wir suchen schon mal passendes Geld
zusammen, denn wenn wir nicht passend geben, wird der Fahrer garantiert
behaupten, daß er kein Wechselgeld hat. Wir kommen in "SICAP
KARAK" an, das ist das Viertel wo meine Schwester wohnt.
Wir werden begrüßt, meiner Schwester geht es schon garnicht
mehr so schlecht, sie ist aber noch etwas matt. Sie freut sich aber sehr
über ihre mitgebrachten Lieblingslebensmittel. Das Haus wo sie wohnt
hat ein nicht überdachten Aufenthaltsraum im Erdgeschoß und
ca. 7-8 Zimmer. In einem Zimmer oben auf dem Dach kommen Hiltrud und ich
unter. Von der Dachterasse aus hat man eine schöne Aussicht auf das
Viertel und auf die Moschee die nicht weit weg ist.
Blick vom Balkon
Nachdem wir uns noch eine ganze Weile unterhalten haben, gehen wir
ins Bett.
Morgens in aller Frühe bei Sonnenaufgang beginnt der Muezzin zu singen.
Alle Straßenköter in der Umgebung fallen in seinen Gesang ein
und beginnen zu jaulen. Irgendwie ein Allah unwürdiges Spektakel finde
ich.
Zum Frühstück kaufen wir Baguette bei "Alois" dem Brotverkäufer.
Sein Laden ist ein Blechhäuschen mit einer Grundfläche von etwas
mehr als einem halben Quadratmeter. Nach dem Frühstück fährt
Sigmunde mit uns in die Stadt. Wir müssen Geld besorgen, auch Sigmunde.
Wir nehmen ein Taxi. Dies gestaltet sich deutlich einfacher als am Flughafen.
In der Stadt angekommen machen wir uns auf den Weg zu einer großen
Bank. Sigmunde warnt uns vor den Dieben die es hier gibt. Es gibt hier viele
Händler die einem was andrehen wollen und einige Diebe die sich als
Händler tarnen. Eigentlich sind die Diebe leicht zu erkennen wenn
man nur weiß woran: Die richtigen Händler haben meißt
Unmengen der Waren die sie feilbieten (Ketten, Schmuck oder was auch immer).
Die Diebe hingegen haben nur ein oder zwei Stücke die sie "verkaufen"
wollen. Diese Stücke liegen auf einem Blatt Papier. Das Blatt Papier
soll einem die Sicht versperren, so daß die Diebe unbemerkt die Taschen
ausräumen können. Schon bald kommt einer dieser "Händler"
auf mich zu. Ich habe mein Portemonnaie tief in der Hosentasche und die
rechte Hand auch, mit der ich es festhalte. und amüsiere mich über
die fruchtlosen Versuche des Diebes. Meine Schwester jedoch kennt ihn schon
und verjagt ihn mit lautem Geschrei, noch bevor ich seine hilflosen Klauversuche
so richtig auskosten kann.
An der Bank sind lange Schlangen. Wir stellen uns an. Kurz bevor wir dran
sind fällt einem Bankangestellten ein, daß er jetzt Pause machen
möchte, er verläßt seinen Schalter, die Schlange die davor
steht interessiert ihn nicht.
Hiltrud und ich tauschen Bargeld, Sigmunde will Travellerschecks eintauschen.
Der Schalterangestellt möchte plötzlich die Verkaufsbescheinigung
der Traveller-Schecks sehen, was völlig widersinnig ist, da man diese
garnicht mit den Schecks zusammen aufbewahren darf. Außerdem hat
Sigmunde in dieser Bank schon zichmal Schecks ohne diese Bescheinigung eingetauscht.
Sie läßt sich auf eine Diskussion mit dem Bankangestellten ein,
was natürlich völlig sinnlos ist, sie bekommt kein Geld. Im Prinzip
ist das nicht so schlimm, wir gehen eben zu einer anderen Bank, aber wir
müssen uns nun noch einmal anstellen.
Wir schlendern noch ein wenig durch die Altstadt von Dakar, dann nehmen
wir uns ein Taxi und fahren wieder nach Hause. Sigmunde steckt ihre Amöbenruhr
noch in den Knochen und wir sind auch noch nicht richtig akklimatisiert.
Abends machen wir noch einen Spaziergang an der Küste entlang. Unheimlich
viele junge Leute machen hier Gymnastik joggen oder betätigen sich
sonst irgendwie sportlich. Die Universität ist auch ganz in der Nähe.
Am nächsten Tag gehen wir mit Sigmunde auf einem einheimischen Markt
Gemüse für das Abendessen einkaufen. Es ist ein überdachter
Markt, auf dem es ausschließlich Gemüse Fleisch und Fisch gibt.
Dies ist nichts für schwache Seelen, Überall sind Fliegen, Kakerlaken
und anderes Getier, das Fleisch hängt offen herum und überall
liegen Fische sowie deren Eingeweide, ein penetranter Geruch liegt in der
Luft. Nichts desto trotz kaufen wir Bohnen, Kartoffeln Wurzeln und Paprika.
Es ist ziemlich heiß geworden, ich bemerke daß die Telegrafenmasten
keinen Schatten werfen. An einem Obststand an der Straße kaufen wir
noch Papaya und Ananas. Auf dem Nachhauseweg platzt neben uns bei einem
klapprigen Auto mit einem großem Knall der Reifen. Sigmunde denkt erst
daß geschossen wirde und drängt uns zur Flucht. Ich zeige Ihr
dann aber den kaputten Reifen, was sie beruhigt.
Nachmittags fahren wir noch einmal in die Stadt. Wir schauen nach Gardinenstoff
den wir hier kaufen wollen, da er gut und günstig ist. Außerdem
kauft Hiltrud sich noch einen Armreif. Dann schlendern wir noch über
einen Markt, wo es Obst, Touristenschnickschnack und alles was man sich
so denken kann gibt. Danach gehen wir noch in einen europäisch orientierten
Supermarkt, dessen Preise uns angesichts des ansonsten sehr niedrigen Preisniveaus
fast aus den Socken hauen. Eine Flasche mit 700 ml Trinkjoghurt kostet
umgerechnet 17.- DM, ein Glas Nutella fast 10.- DM. Wir kaufen nur etwas
einheimischen Joghurt in Tüten (diese Schläuche wo es in Deutschland
auch manchmal Milch gibt) und verlassen den Laden wieder. Nun wollen wir
das erste mal mit einem "car rapid" nach Hause fahren. Dies ist
der öffentliche Nahverkehr in Dakar. Es handelt sich um schrottige
Kleinbusse etwas größer als ein VW-Bus, in denen aber ca. 20
Leute Platz finden. An irgendwelchen Handzeichen der Fahrer kann man erkennen
wohin der Wagen fährt. Man sollte sich schon ein wenig in Dakar auskennen,
wenn man mit diesem Verkehrsmittel fahren will. Dann ist es aber eigentlich
auch kein Problem, wenn das "car rapid" irgendwo von der geplanten
Route abweicht, steigt man eben aus und nimmt ein anderes. Der Fahrpreis
ist mit umgerechnet 15-30 Pfennigen sehr günstig.
Den Sonnenuntergang erleben wir von der Dachterrasse des Hauses aus.
Am nächsten Tag müssen Hiltrud und ich schon wieder zur Bank unser
Geld ist alle. Da gerade Monatsanfang ist, empfiehlt meine Schwester Sigmunde
uns ganz ganz früh zur loszufahren, da das totale Chaos ausbrechen
wird. Sigmunde kann nicht mitkommen, sie muß zur Uni. Also wagen Hiltrud
und ich allein die Fahrt mit dem Taxi in die Stadt. Da wir so tun als ob
wir in Dakar wohnen und den Preis den wir erzielen wollen wissen, ist dies
kein Problem.
Die Taxis sind alle in äußerst desolatem Zustand. Es gibt wohl
kein Taxi in ganz Dakar, daß nicht mindestens einen Sprung in der
Frontscheibe hat, oft funktionieren die Lichter/Bremsleuchten/Blinker nicht,
Es funktionieren auch immer nur einige Türen, und diese oft dann entweder
nur von innen oder nur von außen. Außerdem sind die Taxis superdreckig.
Beim Fahren machen sie allerlei merkwürdige Geräusche, die Autos
normalerweise nicht machen. Bei unserem Taxi hängt die Beifahrersonnenblende
schräg herunter vor der Windschutzscheibe, es stört sich aber
niemand daran, die Sonnenblende wird auch nicht ganz abgerissen.
Die Bank begrüßt uns mit gähnender Leere. Nach 10 Minuten
haben wir unser Geld. Damit hatten wir nun nicht gerechnet.
Abends fragen wir mal wieder am Flughafen an, ob Hiltruds Tasche aus Abidjan
eingetroffen sei. Man sagt, da wäre eine Tasche die so aussieht angekommen,
für einen Herrn Mamoul. Naja, eigentlich hatte ich mich bemüht
meinen Namen (Hörberg) leserlich zu schreiben. Wir fahren zum Flughafen,
gehen rückwärts durch die Zollkontrolle, und da steht die Taschen
neben dem Büro. Niemand ist zu sehen. Wir nehmen die Tasche, gehen
durch den Zoll und fahren nach Hause.
Meine Schwester ruft am Flughafen an, daß wir die Tasche abgeholt
haben. Die Dame am Telefon bedankt sich, sie werden den Vorgang jetzt aus
dem Computer nehmen. Etwas später ruft ein Mann vom Flughafen an:
Unsere Tasche wäre da, wir könnten Sie abholen. Meine Schwester
sagt ihm, daß wir die Tasche bereits haben. Ach so. Am nächsten
Morgen ruft der Flughafen an, unsere Tasche sei jetzt da... Wir sagen,
daß wir sie schon geholt haben...
Heute fahren Hiltrud und ich nach Gorre‚. Dies ist eine kleine Dakar vorgelagerte
Insel. Früher wurden von hier aus die Sklaven verschifft. Heute ist
die Insel Touristenanziehungspunkt.
Mit dem Taxi fahren wir zum Fähranleger. Eine alte klapprige Fähre
kommt, gemeinsam mit einigen hundert Schulkindern fahren wir zur Insel.
Das Wasser im Hafen inst superdreckig, überall schwimmt Müll,
das Wasser hat einen Ölfilm und anderer schmieriger Dreck schwimmt
hier herum. Als wir das Hafenbecken verlassen haben ist das Wasser aber
plötzlich kolossal klar und sauber. In einem großen Bogen fahren
wir die Insel an. Eine Boje markiert die Stelle an der ein versunkenes
Schiffswrack liegt.
Die Insel an sich ist ganz hübsch, aber nachdem nman das Sklavenhaus
sowie das Museum der Frau besichtigt hat, kann man eigentlich nur noch
den feilgebotenen Touristenkitsch anschauen.
Die Insel Gorreé
Als wir vom höchsten Punkt der Insel den Ausblick nach Dakar fotografieren
kommt gleich irgend so ein Rasta-Heini auf uns zu und will Geld für
das Foto, obwohl er nicht ansatzweise drauf ist.
Im Senegal ist es nicht so einfach Menschen zu fotografieren, die meisten
wollen Geld dafür haben. Man muß schon etwas vorsichtig sein,
aber dieser Typ ist unverschämt. Irgendwie fällt uns auf, daß
die Rasta-Typen immer irgendwie unangenehmer auffallen, einen agressiver
bedrängen als die "normalen" Afrikaner. Meine Schwester
bestätigt dies auch.
Wir essen in einem Restaurant noch eine Kleinigkeit, dann nehmen wir das
nächste Schiff zurück nach Dakar.
So vergehen die Tage mit diversen kleinen Unternehmungen. Wir fahren ans
Meer und baden in der Brandung. Niemand schwimmt weit hinaus, da es hier
Haie gibt. Ich hoffe, daß nicht gerade ich angeknabbert werde. einen
Tag fahren wir nach Nïgor, einer Badeinsel vor Dakar. Wir setzen mit
kleinen Außenbordbetriebenen Holzbooten ein paar hundert Meter über.
Es gibt schattige Unterstände aus Flechtmatten die man günstig
mieten kann. Außerdem verkauft "Mama Noogai", eine schwarze
Oma Dinge die das Strandleben angenehm machen: Ananas, Pistazien, und "Nougat"
was eine Art selbstgemachter "Mister Tomïs Erdnußriegel"
ist. "Mama Noogai" ist zwar ein wenig teuer, aber für einen
Mitteleuropäer immer noch durchaus erträglich.
Eines Nachts bekomme ich plötzlich Schüttelfrost. Ich fühle
mich auch nicht so toll. Ich schlafe aber wieder ein. Am nächsten
Morgen fühle ich mich recht schlecht und habe ca. 38 C Fieber. Ich
fühle mich schlapp, bleibe im Bett und lese. So richtig schlecht geht
es mir allerdings nicht. Malaria wird es wohl nicht sein, wir sind erst
eine gute Woche hier, die Inkubationszeit beträgt ca. 14 Tage. Auch
bin ich kaum von Mücken gestochen worden. Das Fieber steigt immer
weiter. Meine Schwester Sigmunde will mich zum Arzt bringen, ich will aber
lieber meine Ruhe haben. Ich habe jetzt schon über 39 Fieber. Ich
muß zur Toilette. Ich gehe hinunter, schaffe es gerade noch fertig
zu pinkeln, dann wird mir schwarz vor den Augen. Ich kann gerade noch einen
Stuhl erreichen um dann einigermaßen würdig zusammenzubrechen.
Alle sehen erschrocken aus. Ich bin wohl käsebleich. Nach ein paar
Minuten bringt man mich in Kurts Zimmer, das am wenigsten weit entfernt
ist. Schweißausbrüche. Mittlerweile meine ich auch, daß
ein Gang zum Arzt eventuell angebracht wäre. Meine Schwester ruft
sogleich an, wir können in einer Stunde vorbeikommen.
Ich erhole mich von meinem Schwächeanfall ziemlich schnell. Das Fieber
ist auch gesunken. Wir fahren mit dem Taxi zum Arzt. Er befragt und untersucht
mich gründlich, eigentlich geht es mir aber inzwischen wieder recht
gut. Fieber wird gemessen, 36,5 C. Komisch, vor einer guten Stunde hatte
ich noch 39.5 C. Ich befürchte nun doch daß es Malaria ist,
weil hohe Fieberschübe gefolgt von fieberfreien Phasen eigentlich
ein Merkmal dieser Krankheit sind. Der Arzt schickt mich nach Hause da
ich inzwischen offensichtlich wieder gesund bin. Wenn ich noch einmal Fieber
bekomme soll ich wiederkommen solange das Fieber noch da ist. Naja, ich
habe kein Fieber mehr bekommen, es war keine Malaria und ich war den Abend
zwar noch etwas geschwächt, aber sonst wieder völlig gesund.
Eine komische Krankheit war das, kurz und heftig.
Überhaupt, in diesen Regionen kommen und gehen die Krankheiten, nicht
immer weiß man was es ist. Die Malaria ist zwar die bekannteste Krankheit
aber es gibt auch genug andere. Die Afrikaner amüsieren sich immer
über die Angst, die Europäer vor einer Malaria haben. Die meisten
Senegalesen haben oder hatten Malaria, dort ist sie eine normale Krankheit
wie bei uns eine Grippe.
Wir verbringen noch einige Tage in Dakar, wollen aber mit Sigmunde noch nach
St. Louis fahren. St. Louis ist die nördlichste Stadt Senegals, fast
direkt an der Grenze zu Mauretanien.
Wir überlegen wie wir dort hinkommen. Die Bahn fährt seit ein
paar Jahren nicht mehr, im car rapid zahlt man zwar wenig, dafür ist
man den ganzen Tag im stickig heißen stinkenden Wagen unterwegs,
und die Chance, daß man unterwegs mit einer Panne liegenbleibt ist
hoch. Die komfortabelste aber auch teuerste Möglichkeit wäre
das Taxi, man zahlt rund hundert Mark.
Dann gibt es noch die Möglichkeit ein sept-place zu nehmen, ein größerer
PKW mit zwei Rückbänken. Man kann entweder einsteigen und warten
bis der Wagen mit sieben Leuten voll ist, oder man mietet den ganzen Wagen.
Da der Wagen nicht pro Person sondern pro Wagen bezahlt wird ist das natürlich
teurer. Für die ca. 250 km nach St. Luis müssen wir gut 60.-
DM rechnen, da wir zu dritt sind, kommen wir so auf 20.- DM pro Person.
Meiner Schwester graut schon vor dem Busbahnhof, der allgemeiner Treffpunkt
ist, wenn man mit "öffentlichen Verkehrsmitteln" Dakar verlassen
will. Wir fahren mit dem Taxi dort hin. Sofort stürzt sich eine Horde
Jugendlicher auf uns, fragt uns wo unser Ziel ist und will uns vermitteln.
Weiße sind immer ein gutes Opfer. Sigmunde sagt, daß wir nach
St. Louis fahren wollen, und daß wir ein ordentliches Fahrzeug haben
möchten. Man läuft sonst nämlich Gefahr zu einer absoluten
Schrottmühle vermittelt zu werden und den Tag mit der Behebung von
Pannen zu verbringen.
Nach kurzer Zeit haben wir auch den Preis verhandelt, den wir erzielen
wollten. Man führt uns zu einer kleinen Telefonboutique (dort kann
man telefonieren und faxen), dort sollen wir warten und uns von NIEMANDEM
ansprechen lassen, bis unser Vermittler wieder zurück ist. Er hat
Angst um seine "Beute". Er holt den Wagen mit Fahrer. Der Wagen
sieht anständig aus, ein Toyota. Wir steigen ein; um uns herum eine
Horde Jugendlicher. Wer davon unser Vermittler war wissen wir nicht. Der
Fahrer lacht und gibt einfach Gas, sieht zu, daß er vom Platz kommt.
Ungefähr zwanzig Jugendliche stürmen mit lautem Geschrei und
Drohgebärden hinter dem Wagen her. Wir finden es etwas fies von dem
Fahrer einfach abzuhauen, ohne dem Vermittler seinen Obulus zukommen zu
lassen. An der Ausfahrt des Busbahnhofs öffnet er aber ein Fenster
und reicht einen Schein hinaus.
Wir fahren nun durch die Vororte Dakars und verlassen es bald. Die Landschaft
ist sehr karg, wir befinden uns nun im Sahel. Außer ein paar dornigen
Büschen stehen noch viele gewaltige Affenbrotbäume (Baobabs)
herum. Es ist komisch, man sieht hier aus dem Fenster und merkt, daß
man in der Sahelzone ist, einer von Hunger und Dürre geprägten
Region die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Ich erinnere mich an
unsere Marokkotour vor zwei Jahren. Nur ungefähr 1500 km weiter nördlich
fuhren wir mit unserem VW-Bus von Norden in die Sahara, jetzt fahren wir
von Süden auf die Sahara zu. Die Landschaft war von Norden her ähnlich,
nur Baobabs gabs da nicht. Mir wird jetzt klar, wie nah wir eigentlich
damals schon an Schwarzafrika dran waren. Das einzige Problem ist die Durchquerung
von Mauretanien, sie ist zeitraubend und teuer, tw. muß man sein
Auto auf die Bahn verladen lassen.
Unser Fahrer war einige Jahre in Deutschland, er ist jetzt auch noch manchmal
dort. Er spricht etwas deutsch, und so kommt eine interessante Unterhaltung
auf. Er erzählt uns einiges vom Senegal und auch einiges über
Deutschland aus seiner Sicht. Ungefähr 50 km vor St. Louis kommen
wir an seinem Heimatdorf vorbei.
Am Stadteingang ist ein Platz, wo die sept-place ihre Fahrgäste normalerweise
an den innerstädtischen Verkehr, die Taxis übergeben. Unser Fahrer
braust einfach weiter und zieht sich die bösen Blicke der Taxifahrer
zu. Er bringt uns direkt zu der Jugendherberge. Er gibt uns noch seine
Telefonnummer damit wir ihn in ein paar Tagen für die Rückfahrt
nach Dakar auch engagieren können. Das wollen wir auch tun, denn die
Fahrt mit ihm war wirklich nett.
Die Auberge ist auch ganz gut. Wir bekommen ein "Doppel-Zimmer",
was heißt, daß wir zwei zusammengehörige Zimmer haben
wobei das eine nur durch das andere hindurch erreichbar ist.
Frühstück unter freiem Himmel in der Auberge in St. Louis
Die Moskitonetze sind ziemlich schäbig, wir versuchen mit Klammern
und Band die Löcher möglichst zuzustopfen.
Am nächsten Tag leihen wir uns Fahrräder. Es handelt sich um
die absoluten Schrotträder. Mit denen fahren wir erst durch die Slums
von St. Louis, wobei wir von freudig winkenden Kindern verfolgt werden.
Die Weißen auf dem Fahrrad sehen wohl für sie recht komisch
aus. Dann verbringen wir den Vormittag, gemütlich Cola schlürfend
am Strand.
Am Nachmittag kommen Kurt (der Freund meiner Schwester) und noch einige
andere Mitbewohner mit einem Sonderzug von Dakar nach St. Louis. In St.
Louis findet ein afrikanisches Jazzfestival statt. Extra zu diesem Anlaß
fährt ein Personenzug von Dakar nach St. Louis. Ansonsten verkehren
hier nur noch Güterzüge.
Kurz vor Ankunft des Zuges füllen sich die Straßen mit Schaulustigen
und Händlern. Mit nur wenigen Stunden Verspätung kommt der Zug
an. Es herrscht ziemliches Ramba-Zamba, da auch viele Musiker mit dem Zug
ankommen. Nachdem wir abends in einem Restaurant gegessen haben schlendern
wir noch über den Marktplatz, wo viele Stände sind. Teils wird
traditionelles afrikanisches Kunsthandwerk verkauft, teils Touristenkitsch,
aber auch Kleidung, CDs und alles was man sich so denken kann.
Am nächsten Tag wollen wir einen Nationalpark besuchen (den Namen
habe ich vergessen). Dort soll es vorallendingen Vögel geben. Die
Großtiere gibt es eher in den südlicheren Parks.
Wir werden mit dem Wagen von unserer Auberge abgeholt. Zuerst fahren wir
in ein kleines abgezäuntes Wildreservat. Obwohl es noch recht früh
ist, knallt uns die Sonne auf den Kopf. In dem Reservat befindet sich irgendwo
eine Gazellenherde. Nach einigem Suchen finden wir sie auch, die Tiere
laufen dann aber schnell wieder davon.
Gazellen
Interessanter sind da schon die Riesenschildkröten, vorallendingen
wenn man die minikleinen Jungtiere daneben betrachtet.
Riesenschildkröte und ein Junges
Danach geht es mit dem Auto zum Senegalfluß. Dort steigen wir
aufs Boot um und fahren den Fluß entlang um Vögel zu beobachten.
Nach ungefähr 20 Minuten muß das Boot umkehren, der Fahrer hat
irgendeinen Schein vergessen den er vor der Einfahrt in den eigentlichen
Park zeigen muß. Pech! Leider geht es Hiltrud immer schlechter. Sie
kann die Bootsfahrt überhaupt nicht genießen und sitzt nur zusammengekauert
im Boot und schaut auf den Boden.
Besonders beeindruckend ist der Park dann auch nicht, neben vielen Möwen
sehen wir haber immerhin ein paar Reiher und ein paar Pelikane.
Nach Beendigung der Tour sehen wir zu, daß wir wieder zurück
zur Auberge kommen, damit Hiltrud sich erholen kann. Sie hat Fieber.
Den nächsten Morgen holt uns der Fahrer vom Hinweg wieder ab und bringt
uns zurück nach Dakar. Wir hegen die Hoffnung, daß er uns vielleicht
direkt nach Hause bringt und wollen ihm dann auch ein schönes Trinkgeld
geben. Es kommt dann aber leider ganz anders, er setzt uns irgendwo am
Stadtrand von Dakar ab, will dann aber mehr Geld als auf dem Hinweg haben,
weil er ja von seinem Heimatdorf erst nach St. Louis fahren mußte
um uns abzuholen. Des Diskutierens überdrüssig bekommt er sein
Geld aber keinen CFA mehr, Sigmundes Idee diesen Fahrer vielleicht öfters
zu engagieren wird natürlich auch verworfen.
Wir schnappen uns das erstbeste Taxi und dieses ist das brüchigste
was wir jemals erwischt haben. Die Scheinwerfer sind zertrümmert,
die Scheiben sind zersprungen und blind vor Dreck. Die Polster starren
auch vor Dreck und sind genau wie die Innenverkleidungen zerrissen. Die
Geräusche der Radlager übertönen den Motor bei weitem, dauernd
gibt es irgendwo komische Knackgeräusche. Zum Glück fährt
der (ältere) Fahrer recht langsam, sonst würde die Karre wahrscheinlich
auseinanderfallen. Wir kommen aber heil an unserer Unterkunft an. Da es
Hiltrud immer noch nicht so richtig gut geht begeben wir uns noch zu einem
Institut, wo sie auf Ruhr untersucht wird. Das Ergebnis wird aber erst
in ein paar Tagen feststehen wenn wir wieder in Hamburg sind. Aber Sigmunde
kann uns dann ja anrufen.
Zwei afrikanische Kinder zu Besuch
Wir verbringen noch ein paar Tage in Dakar, dann ist auch schon wieder
Zeit für den Heimweg. Meine Schwester bringt unszum Flughafen. Es
herrscht das gewohnte Chaos. Trotzdem sitzen wir schon bald in unserem
Air-France Flugzeug. Die Stewardessen laufen vor dem Start noch mit irgendsoeinem
komischen Nebelspray durch das Flugzeug. Wahrscheinlich wollen sie die
Malariamücken töten. Ob das gesund ist?
In Paris müssen wir ganz hurtig umsteigen. Der Zubringerbus am Flughafen
fährt äußerst daddelig so daß wir schon einigermaßen
nervös werden. Wir erreichen das Flugzeug gerade noch rechtzeitig.
In Hamburg führt unsere erste Fahrt zum Tropeninstitut des Hafenkrankenhauses.
Hiltrud wird noch untersucht, die ganze Prozedur ist aber relativ unerfreulich,
da man im Krankenhaus nicht besondes nett ist und uns ewig warten läßt.
Naja, die Ergebnisse liegen erst eine Woche später vor als Hiltrud schon
wieder gesund ist. Außerdem kann man uns nur sagen um welche Krankheit
es sich NICHT gehandelt hat.
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