Israel 1998
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Sonntag, 27.9.98:
In aller Frühe holt uns unser Freund Oppi zu Hause ab und bringt
uns zum Flughafen. Fast hätte ich meinen Führerschein vergessen,
doch als ich die Haustüre schon hinter mir zugeschlagen habe, fällt
er mir doch noch ein.
Am Flughafen klönen wir nach dem einchecken noch eine Weile, dann
ist es Zeit zum Boarding zu gehen. Wir decken uns noch mit kostenlosen
Zeitungen und Zeitschriften ein und fliegen dann nach Wien. Im Flugzeug
wird ein leckeres Frühstück serviert.
In Wien haben wir gut zwei Stunden Aufenthalt. Da uns der Hochzeitsstreß
und das heutige frühe Aufstehen noch in den Knochen steckt wollen
wir uns irgendwo ein Plätzchen suchen wo wir noch ein bischen schlummern
können. O Wunder, in Wien sind die Bänke nicht durch Armlehnen
getrennt, wir können uns wunderbar der Länge nach drauflegen
und schlafen zwei Stunden.
Rechtzeitig begeben wir uns zu dem Gate wo unser Flug losgeht, trotzdem
steht schon eine lange Schlange davor. Eine orthodoxe Judenfamilie steht
auch in der Schlange. Das Aussehen und Verhalten befremdet mich etwas.
Das Boarding beginnt. Alle Passagiere werden einer gründlichen Befragung
unterzogen, deshalb zieht sich die Sache ein wenig hin. Irgendwann sind
wir dann aber doch alle an Bord und fliegen los.
Heike und ich sind schon wieder sehr hungrig, deshalb stört es uns
besonders, daß der Service so lange auf sich warten läßt.
Dafür ist das Essen aber sehr gut.
Für das Bordprogramm sind die modernen flachen LCD-Bildschirme in
die Decke eingelassen, die zu gegebener Zeit einfach herunterklappen, sehr
praktisch.
Gegen 15 Uhr kommen wir in Tel Aviv an. Die Einreise gestaltet sich
wider Erwarten recht unproblematisch und geht schnell vonstatten. Wir hatten
aber auch Glück recht weit vorne in der Schlange zu stehen.
Dann gehen wir zu dem Schalter unserer Mietwagenfirma. Im Prinzip haben
wir in Deutschland schon alles gebucht und bezahlt. Allerdings müssen
wir 27 US$ "Flughafensteuer" bezahlen, dafür, daß
wir den Wagen direkt am Flughafen abholen. Das wußten wir aber. Leider
müssen wir nun auch noch 2 US$ pro Tag dafür zahlen, daß
Heike als zweiter Fahrer fahren darf, der Sinn dieses Aufschlags entzieht
sich meines Verstandes. Als Krönung muß Heike nun noch einen
Kreditkartenbeleg blanko unterzeichnen, den der Vermieter als Sicherheit
für das Auto haben will. Das sind ja ganz tolle Methoden. Wir diskutieren
noch eine Weile mit dem Typen rum, aber ihm ist das alles völlig egal,
wenn wir nicht unterschreiben bekommen wir eben kein Auto.
Zu guter Letzt unterschreiben wir mit einem sehr mulmigen Gefühl.
Später habe ich erfahren das diese (Verbrecher-)Methoden durchaus
international üblich sind.
Wir sollen nun irgendwo vor dem Flughafen von einem Van abgeholt werden.
Nach einigem Umherirren finden wir den Van dann auch, wir werden mit unserem
Gepäck eingeladen und dann ein paar hundert Meter zu dem Fuhrpark
gefahren. Wir bekommen einen weißen Fiat Punto mit Klimaanlage und
gut 8000 km auf der Uhr. Das schaut ja zumindest ganz gut aus.
Ich setze mich ans Steuer und fahre los. Erst habe ich ein wenig Schwierigkeiten
mit der israelischen Fahrmentalität, doch ich gewöhne mich bald
dran. Heike und ich geraten noch in einen überflüssigen und überaus
heftigen Streit, ob wir nun die rote oder die rosa Straße (auf der
Karte) gefahren sind. Die Müdigkeit steckt uns wohl noch in den Knochen.
Ein Soldat hält die Hand hoch, im ersten Moment denken wir, daß
wir anhalten müssen, tun das dann auch, und fragen ihn nach dem Weg,
den er uns dann auch zeigt. Hinterher wird uns klar, daß er nur per
Anhalter fahren wollte, was in Israel, vorallendingen unter den (zahlreichen)
Soldaten absolut üblich ist.
Es wird schon gegen 17 Uhr dunkel. Wir sind etwas irritiert, die Autouhr
zeigt die gleiche Zeit an wie Heikes Armbanduhr. Heike hat ihre Uhr
nicht gestellt, obwohl man für Israel eigentlich die Uhr eine Stunde
vorstellen muß. Wenn wir die Uhr allerdings eine Stunde vor
gestellt hätten, würde es ja schon um 16 Uhr dunkel werden, und
das kann hier im Süden ja nun auch wieder nicht angehen.
Wir fahren stundenlang durch die Dunkelheit Richtung Süden. Unser
Ziel ist Elat, ein Ort am Südzipfel von Israel, direkt am roten Meer.
Knapp vierhundert Kilometer müssen wir heute insgesamt fahren.
An einer Tankstelle versuchen wir mit unseren Dollars etwas am angrenzenden
Imbiss zu kaufen, man hätte die Dollars wohl auch genömmen, aber
die Mädels vom Grill scheinen so unmotiviert und betonen mehrmals,
daß der Umrechnungskurs ganz besonders schlecht ist, daß wir
am Ende auf das Essen verzichten. Es ist sowieso schon spät und wir
haben Befürchtungen daß wir vielleicht nicht mehr in den Kibbutz
reinkommen.
Kurz vor zehn Uhr erreichen wir dann Elifaz, wo unser Kibbutz sein soll.
Elifaz ist noch rund 20 Kilometer nördlich von Elat.
Eigentlich gibt es hier nur eine Abzweigung, und da steht auch ein Schild
"Qibbutz Elifaz". Wir biegen hinein, fahren ca. drei Kilometer
geradeaus und stehen dann vor dem verschlossenen Tor des Timna-Parks. Hier
sind wir falsch. Wir drehen um. Es gab auf dieser Nebenstraße nur
noch eine Abzweigung, in die fahren wir jetzt hinein. Schon nach ein paar
hundert Metern stehen wir wieder vor einem verschlossenen Tor. Es kommt
aber sogleich ein "Wächter". Wir zeigen ihm unseren Voucher
und fragen ob dies Kibbuzz-Elifaz sei. Wir sind anscheinend richtig, der
Torposten scheint zwar etwas planlos zu sein, führt uns dann aber
zu unserer Unterkunft. Wir fragen wo denn das Frühstück einzunehmen
sei. Er weiß es auch nicht, fragt dann mit seinem Funkgerät
irgendwo nach und deutet auf den Kühlschrank. Der Kühlschrank
ist gut gefüllt mit Obst, Gemüse, Frischkäse, vier Eiern
Butter Marmelade und mehr.
Bei unserer Unterkunft handelt es sich um ein Appartment mit bescheidenem
Wohn-Schlafraum und Kochnische, sowie separatem Badezimmer. Die Ausstattung
entspricht ungefähr der einer einfachen schwedischen Blockhütte.
Allerdings sind Geschirr und Besteck schon ziemlich dezimiert. Nur ein
großer Löffel, zwei Gabeln und ein Streichmesser. Gut das wir
unser Taschenmesser dabeihaben.
Irgendwie sind wir ein klein wenig von unserer Unterkunft enttäuscht,
hatten wir doch gehört, daß die Kibbuzze meist schon wie Hotels
geführt werden. Andererseits gibt uns die Kochnische mit Kühlschrank
und Kochplatte auch eine gewisse Unabhängigkeit. Um die Wahrheit zu
sagen, ist dies eigentlich eher der Urlaub den wir vorziehen, aber wir
waren innerlich irgendwie nicht darauf eingestellt.
Auch wenn es schon 22 Uhr ist, wollen wir noch nach Elat fahren. Wir werfen
also unser Gepäck in die Ecke und gehen gleich zum Auto zurück.
Auf der einsamen Strecke nach Elat bemerke ich plötzlich ein Polizeiwagen
mit müde blinkendem Blaulicht hinter uns. Hmm, ich war etwas zu schnell,
ob´s jetzt Ärger gibt? Ich fahre jetzt nur noch die erlaubte
Geschwindigkeit, aber der Polizeiwagen bleibt hinter uns. Irgendwie irritiert
mich das, hat der es denn garnicht eilig wenn er mit Blaulicht fährt?
Ich fahre noch langsamer und betont rechts, dann überholt er uns endlich.
Erst scheint er davonzufahren, doch dann wird er plötzlich langsamer
und hält vor uns. Shit. Er steigt aus und fuchtelt irgendwie
mit den Armen rum. Ich weiß nicht was er will. Irgendwann kommt er
dann zu unserem Auto und erzählt irgendwas von "Light".
O je, als er uns überholt hat, habe ich in der Aufregung vergessen
das Fernlicht auszumachen. Das hole ich sofort nach, und dann verschwindet
der Polziewagen auch schon wieder.
Im Laufe des Urlaubs bemerke ich, daß Polizeiwagen hier anscheinend
immer mit Blaulicht fahren, auch wenn sie nicht im Einsatz sind.
Wir kommen in Elat an. Die Stadt ist voller (touristischem) Leben. Wir
gehen erst an der Strandpromenade entlang und treffen dann auf einen kleinen
Supermarkt. Wir kaufen etwas zu trinken und eine Melone und etwas Joghurt.
Leider fehlen die Preisschilder fast völlig, und wenn irgendwo welche
am Regal kleben ist die Beschriftung nur hebräisch. Beim bezahlen
merken wir daß die Waren sehr teuer sind. Pech gehabt.
Auf der Suche nach einer Wechselstube gelangen wir in einen großen
überdachten Supermarktkomplex, wo wir auch Geld wechseln. Außerdem
gibt es hier einen MC-Donald´s. Der ist allerdings recht teuer. Wir
bleiben hart und essen Falafel, was auch sehr lecker ist.
Der Tag ist jetzt auch schon recht weit fortgeschritten und wir sind sehr
müde. Wir begeben uns zu unserem Auto. Vorher kaufen wir noch ein
paar Kleinigkeiten in einem anderen Supermarkt, der schon etwas billiger
ist.
Heike will jetzt fahren, aber der Wagen springt nicht an. Na toll. Ich
schaffe es auch nicht die Karre zu starten. Abgesoffen! Dabei hat der Wagen
erst knapp 9000 Kilometer auf der Uhr. Fiat eben. Benziner eben. Das passiert
mit meinem 14 Jahre alten, über 200000 Kilometer gelaufenen VW-Bus
Diesel nicht. Und nun? Wir überlegen was wir nun tun sollen. Anschieben?
Ich probiere noch mal zu starten. Plötzlich springt er problemlos
an. Uff. Wir fahren ohne Komplikationen zurück zu unserer Unterkunft.
Da heute Bundestagswahl war, schalten wir den Fernseher ein und noch bevor
das Bild da ist hören wir Helmut Kohl der "die volle Verantwortung"
übernimmt und irgendwas daherlabert das darauf hindeutet daß
die CDU ziemlich schlecht abgeschnitten hat. Und das alles auf deutsch!
Allerdings haben wir wohl gerade im richtigen Moment eingeschaltet, denn
ab sofort wird nur noch israelisch gesprochen und wir verstehen kein Wort.
Wir finden noch CNN, aber auch dort werden nur ein jubelnder Schröder,
jubelnde Grüne und niedergeschlagene CDU-Leute gezeigt, die irgendwie
kommentieren warum das Wahlergebnis so und nicht anders war. Aber wie ist
das Ergebnis? Genaue Daten erfahren wir leider nicht. Also gehen wir zu
Bett ohne zu wissen wie unsere zukünftige Regierung wohl aussehen
wird.
Kibbuz Elifaz |
Frühstück im Appartment in Elifaz |
Blick ins Meer im Unterwasserobservatorium |
Die Negevwüste |
Blick in die Negevwüste |
Kibbuz Degenia |
Spaziergang auf der Stadtmauer |
Sie sagt uns, daß sich vorne im Flugzeug Leute beschwert hätten,
daß das Essen "nicht gut" sei. Allerdings hätten sich
schon auch sehr viele Leute verwundert geäußert, was denn an
dem Essen nicht gestimmt haben sollte. Naja, Spinner gibt es immer überall
ein paar. (Das hat sie jetzt nicht gesagt, aber so ungefähr sah ihr
Gesichtsausdruck aus.)
Durch unsere leichte Verspätung klappt das Umsteigen in Wien recht
zügig, so daß wir schon bald im Lufthansa-Flieger Richtung Hamburg
sitzen. Hier wird noch leckeres Abendessen serviert und da die Beilagen
so reichlich sind, haue ich mir den Bauch mit vier Brötchen voll. Es
waren aber zugegebenermassen recht kleine Brötchen.
Wir landen pünktlich in Hamburg und werden von unseren ganzen Freunden
empfangen. Das ist schön, wir fahren noch zu uns nach Hause und klönen
eine Weile.
Das Wetter in Hamburg ist kalt und es regnet. Die Kälte kann ich genießen,
aber auf den Regen hätte ich auch verzichten können.
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seit dem 12.03.1999
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