Radtour 1998 Mecklenburg-Vorpommern
Vorbemerkung
Beim Anfertigen dieses Berichts, beginnend ca. 10 Monate nach der Tour, sind mir die Ereignisse leider schon nicht mehr ganz gegenwärtig (mittlerweile liegt sogar eine weitere Radtour dazwischen), so daß ich mich größtenteils auf die diesmal sehr knappen Aufzeichnungen, Fotos und Karten stützen mußte.
1.Tag - Dienstag, 19. Mai
Um 05:00 Uhr in der Früh' beginnt für mich die diesjährige Radtour mit dem Piepsen des Weckers. Bereits um 06:10 Uhr fahre ich dann Richtung Andy los (ungewohnterweise diesmal allein). Erstaunlicherweise spielt das Wetter mit: die Sonne scheint, und es ist warm. Nach zügigem Aufladen des Rades und Verstauen des Gepäcks geht's von Andy um 07:05 Uhr weiter Richtung Zarrentin, wo wir bereits 08:10 Uhr eintreffen. Ein geeigneter Parkplatz findet sich schnell gegenüber der alten Steinkirche, direkt vor der örtlichen Polizeiwache; hier kann man wohl guten Gewissens den Golf mal ein paar Tage stehenlassen! Das Bepacken und Aufrödeln der Räder dauert exakt eine Stunde. Der Weg führt uns zunächst um den Südzipfel des Schaalsees herum, dann nordwärts an ihm entlang, größtenteils auf einem gut befahrbaren Radweg. Auf Höhe des Neuenkirchner Sees biegen wir nach rechts in einen unscheinbaren Weg ein, um nicht zu weit nach Norden abzudriften - da uns ein Postauto überholt, scheinen wir damit aber zumindest nicht ganz falsch zu liegen. An einem schönen Picknickplatz am See wird eine Kurzrast eingelegt. Anschließend kommen wir wohl irgendwie mit den Weggabelungen durcheinander, jedenfalls fahren wir zunächst versehentlich ein Stück weit an der Ostseite des Neuenkirchner Sees Richtung Süden, bis uns die Sache schließlich komisch vorkommt. Alles in allem sind es aber doch nur ca. eine ¼ Stunde Umweg, noch dazu durch herrlichste Landschaft; hierhin wollen wir unbedingt mal einen Familienausflug unternehmen (der Schaalsee ist ja mittlerweile zunehmend überlaufen). Kurz vor dem Ort passieren wir eine alte Steinkirche, flankiert von einem urigen Strohdachhaus, und umstanden von riesigen Kastanien. Um 11:15 Uhr wird dann in Neuenkirchen diese erste Notiz angefertigt. Das hier liegende Ausflugslokal wollen wir uns auf jeden Fall ebenfalls merken. Wir fahren nun auf dem buckligen, aber festen Drönnewitzer Weg ostwärts nach Drönnewitz (11:40 Uhr), von dort auf einem Fahrradweg - der in der Karte so nicht ersichtlich ist - über Döbbersen (11:50 Uhr) nach Boddin (12:00 Uhr). Hinter dem Abzweig nach Perlin wird am Dorf-Sportplatz, im Schatten von Kastanien, eine wohlverdiente halbstündige Rast mit einem kleinen Imbiß (vermutlich Bifi und so'n Zeug) eingelegt. Da die Orte hier relativ nah beieinander liegen, passieren wir schon um 13:00 Uhr Perlin über herrliche Kastanien-Alleen. Hier richten wir uns nach Norden und fahren über die Straße durch weite Landschaften (weniger Kastanien, mehr Wind) nach Lützow (13:45 Uhr). Leider geht aus den Aufzeichnungen und Bildern nicht mehr hervor, wo die Kreuzung mit dem amüsanten Schild Urlauberzentrum sowie das Einkaufszentrum mit Konsum und Frisör passiert wurde (ich vermute, es war vor Lützow). Außer dem schnellen Genuß eines Eises aus einem Supermarkt fällt in diesem größerem Ort nur der ost-übliche LKW-Terror auf. Wir versuchen schnell, diesem Hauptstraßentumult wieder zu entfliehen, und schon 14:10 Uhr stehen wir vor dem Theodor-Körner-Denkmal in den Rosenower Fichten, wieder abseits des Autoverkehrs. Da wir hier schon wieder 20 Minuten pausieren, geraten wir etwas aus unserem Schwung. Nun geht es wieder ostwärts, dem Schweriner See kommen wir langsam entgegen! Auf einem sandigen, buckligen Weg gelingt mir jetzt der erste ungewollte Abstieg vom (fahrenden) Bike; da weder Rad noch Fahrer zu Schaden kommen, amüsieren wir uns köstlich und halten das irgendwie seltsam daliegende Rad (Tatort) sogar noch fotografisch fest. Um 14:45 Uhr erreichen wir Brüsewitz, wo laut Notizbuch eine Sprite getrunken wird (weder im Gedächtnis, noch auf Dias festgehalten). Auch dürfte nun die zweite Landkarte (Schweriner Seengebiet) aktiviert worden sein, denn das tue ich jetzt beim Schreiben dieser Zeilen ebenfalls. Über den nun folgenden Abschnitt ist mir so gut wie alles entfallen. Vermutlich haben wir uns über Gottmannsförde - Herren Steinfeld - Warnitz - Klein Medewege - Gross Medewege Richtung See vorgearbeitet. Dabei berühren wir auch Schwerin-Waknitz (15:30 Uhr): diese Straße kommt uns sofort bekannt vor, denn hier kurvten wir vor einigen Jahren an einem 3.Oktober mit dem Auto herum, abgelenkt von Straßensperren. Allerdings ist hier mittlerweile alles mit Horror-Zentren vollgebaut, kaum zu glauben. Überflüssigerweise drohen jetzt auch die ersten dunklen Wolken vom Himmel. Hinter Gross Medewege versuchen wir, ein kleines Stück abzukürzen und der nervigen Straße zu entkommen, in dem wir nach rechts zum Seeufer schwungvoll hinab Richtung Gertrudenhof (16:05 Uhr) rollen. Hinter dem gammeligen Anwesen kommen wir allerdings nicht weiter, der Weg endet im Nichts. Also zurück (bergan) zur Straße und über Wickendorf auf den schmalen Paulsdamm, der hier die beiden Ufer des Sees verbindet. Eine richtige Pause nach diesen Irrungen gönnen wir uns dann um 16:30 Uhr auf der Terrasse des sehr schön gelegenen Seehotels Frankenhorst (auch auf der Karte verzeichnet) bei Spezi und (sehr gutem) Kuchen. Auch diese Lokalität könnte man bei einem sommerlichen Ausflug einmal ansteuern! Schon 17:00 Uhr wird wieder aufgesattelt. Die schwierige Wegfindung der letzten Stunde setzt sich sogleich wieder fort, indem weder das Hotelgelände sofort verlassen, noch die richtige Route über den Damm sofort gefunden werden kann. Der Versuch, einen auf der Karte verzeichneten Wanderweg südlich der Straße aufzufinden, endet zunächst an einer Schranke bei geheimnisvollen hölzernen Fischerhütten direkt am See, die natürlich sofort erkundet werden. Nein, hier geht's nicht weiter, also kehrt zur Straße über den Damm. Nach Rampe wollen wir nicht erst hinein, sondern trotz allem dem in der Karte verzeichneten ufernahen Wanderweg Richtung Leezen folgen (18:00 Uhr). Wie so oft, verliert sich aber auch dieser Weg irgendwie im Nichts bzw. in halbmetertiefen Treckerspuren (vermutlich haben wir wieder mal den richtigen Abzweig übersehen). Trotz so vieler Radwanderungen - irgendeine neue Irrwirtzigkeit erlebt man wohl immer wieder. An Fahren ist natürlich überhaupt nicht zu denken, Schieben geht eigentlich auch nicht; die schwerbeladenen Böcke werden durch Rinnen und Furchen, Löcher und Gräben und über Buckel geschleift bzw. gewuchtet, ein naher Ausweg aus dem Wiesenfeld ist nicht ersichtlich. Uns läuft der Schweiß bei dieser Strapaze in Strömen herunter, es wird laut und anhaltend geflucht. Gegen Ende dieses Weges schließlich sehen wir schließlich um 18:20 Uhr wieder den sich von rechts herankommenden Uferweg...dumm gelaufen! Als es schließlich wieder auf normalem Grund schiebend nach Leezen hinein geht, rächt sich das malträtierte Gefährt mit einem Speichenriss am hinteren Laufrad. Eine Seitentasche muß für die Reparatur abgebaut werden, aber schon 18:45 Uhr können wir weiterradeln. Eine erste, wenig ernsthafte Lagerplatzsichtung gegen 20:00(?) Uhr bringt kein Ergebnis. Wie man auf dem Dia sieht, ist es auch noch viel zu hell. Wiederum geben die dünnen Aufzeichnungen keine klare Routenführung wieder. Vermutlich (so war zumindest die Planung) gelangen wir über Uhuberg nach Weberin (20:30 Uhr) am Glambecksee. Hier erkennen wir sofort die urige Restauration Waldhaus am See wieder, die vor längerer Zeit auf der Suche nach einer Lokalität anläßlich eines Ausfluges von der Mutter (unzutreffend) als Kaschemme tituliert und linksliegengelassen wurde (an der Kreuzung Leezen/Schwerin-Brüel/Crivitz) in hügeligem Waldgelände). Wir überlegen nicht zweimal, sondern lassen uns sofort zur zünftigen Jause nieder (0,5 und 0,3 Lübzer (was sonst) und ein deftiges Omelette mit Zwiebeln und Pilzen). Ein Wernesgrüner wird noch als Wegzehrung eingesteckt. Anschließend sichten wir zunächst die von den Wirtsleuten empfohlene Raststelle direkt am See, die zwar herrlich gelegen, aber vermüllt und wohl etwas unruhig ist (Dorfjugend mit aufgeschockerten Autos). Wir ziehen es daher vor, direkt in den Wald zu brechen, wo wir um 21:40 Uhr nicht weit hinter Weberin einen passablen Lagerplatz beziehen (den ich mir momentan auch anhand der Dias nicht mehr recht vergegenwärtigen kann). Nach Lageraufbau und Genuß der Wernesgrüner verkriechen wir uns nach diesem anstrengenden, aber ansonsten sehr schönen ersten Tourentag in unsere Zelte, es ist jetzt 22:45 Uhr. Die Fahrdaten für den ersten Tag könne sich sehen lassen:
Fahrstrecke:...........89,3 km
Nettofahrzeit:.........6:53 Std.
Ø Geschwindigkeit:.12,9 km/h
Gesamtstrecke:......89,3 km
2.Tag - Mittwoch, 20. Mai
Um 7:15 Uhr erwache ich, der Himmel ist blau mit einigen Wölkchen, es ist kühl und das Zelt ist naß. Nach dem unvermeidlichen Gepacke brechen wir gegen 9:00 Uhr auf, durch den Wald geht's nach Jülchendorf (9:30 Uhr), zum Schluß auf einer Beton-Buckelpiste. Ca. 2 km hinter dem Ort wird um 10:10 Uhr eine Erledigungsrast eingelegt. Nach weiterer Walddurchquerung über NSG Obere See (inkl. Sichtung einer Blindschleiche) erreichen wir Sternberg 11:30 Uhr und lassen uns dort zum Kartenhalt am Marktplatz nieder. Leider ist die Pause wenig erholsam, da wir nach kurzer Zeit von zwei Pennern (mit Reservistenhut u.a. seltsamen Aufmachungen) vollgequatscht werden, die offensichtlich auf der Suche nach Zigaretten und anderen Segnungen sind. Meine Hoffnung, die beiden mit 2,- DM abzuwimmeln, erfüllt sich ebenfalls nicht so recht, so daß wir das schöne Plätzchen vorzeitig und genervt wieder verlassen müssen. Es gibt wohl in Deutschland keinen Platz ohne Pennern, Lungerern, Randalieren und anderem Gesindel mehr, geht es uns so durch den Kopf, na ja, an sich waren das ja nur zwei armselige Gestalten. 12:15 Uhr geht es also weiter, und zwar in Südrichtung über Holzendorf nach Dabel 12:55 Uhr. Dieses Dorf haben wir 1993 auf unserer 1. Ost-Tour in Gegenrichtung (damaliges Ziel war Crivitz) durchquert, damals war die Hauptstraße noch nicht asphaltiert, und die einzig sichtbare Dorfkneipe war wegen des Männertags geschlossen (es war damals enorm heiß, und wir hatte keine Getränke mehr). Über Dabeler See, Kleinpritzer See (Ferienparadis Klein Pritz), Dinnies und Below erreichen wir 14:50 Uhr auf angenehmen Fahrwegen das uns ebenfalls bekannte Dobbertin und kommen dort auch an der damaligen Frühstücksstelle vorbei; die dortige Sporthalle präsentiert sich jetzt schwer aufgemöbelt. Im Notizbuch ist von Wolken und wenig blau die Rede. Wir umfahren diesmal auch die Klosterkirche; an den umherlaufenden Gestalten wird schnell die aktuelle Nutzung des Klosters deutlich. In einem Ihre Kette-Höker versorgen wir uns mit Getränken und Frikadellen (mir nicht mehr in Erinnerung). Bereits 9 km vor Krakow wird nach Durchquerung des Walddorfes Jellen und des gleichnamigen NSG an einer Waldkreuzung von 15:40 Uhr bis 16:05 Uhr eine kleine Imbißrast eingelegt. Irgendwas hier erinnert uns an (ehemaliges) militärisches Gelände. Als nächstes wird (vermutlich) Alt Sammit durchquert, wo die uns bekannte Telefonzelle - in Sichtweite ein leicht verfallenes altes großes Gutshaus - von Andy für ein Gespräch genutzt wird. Hier kurvt - wie kann es anders sein - ein Trabbi über die staubigen Wege. Bereits 17:10 Uhr erfolgt dann eine allgemeine Versorgung in einem E-Neukauf in Krakow, im üblichen Feierabend-Rummel, der im Kontrast zum stillen Wald immer nur schwer zu ertragen ist. Außerdem sind hier offensichtlich auch irgendwelche Festlichkeiten im Gange, auf einen Platz spielt eine Kapelle auf, am Seeufer herrscht Remmidemmi. Das von uns gesuchte Griechische Restaurant, uns von unserer 1. Osttour in guter Erinnerung, können wir nicht mehr finden. Wo wir es vermuten, scheint ein normales Wohnhaus zu sein. Also nichts wie raus aus dem Trubel. Wir richten unsere Drahtesel Richtung Südwesten und durchqueren die Wooster Heide über die Häuser- und Campersiedlung mit dem ulkigen Namen Wooster Teerofen, gelangen gegen 19:05 Uhr nach Sandhof unweit des Damerower Sees, von dem wir aber hier nichts sehen. Eine Schenke am Wegesrand würde uns jetzt zu Pass kommen, aber nichts dergleichen wird gesichtet. Eine in der Karte verzeichnete Baude hat sich ebenfalls versteckt. Wir beschließen also, angesichts der fortgerückten Stunde, uns ohne Essen in den Wald zu schlagen, als Andy eine Art Picknickplatz am Wegesrand ausmacht. Die Sitzbänke sind zu unserem Amüsement skurril angeordnet, nämlich in etwa 1m Abstand zum Tisch, was mich aber ebensowenig wie der zunehmende Mückenterror davon abhält, ein Essen zu erwärmen. Zwischendurch wird mit Zedan gekämpft und schließlich eine lange Hose übergezogen, aber zu spät: etliche juckende Quaddeln haben sich bereits hier und da ausgebreitet. Andy verspeist Brötchen und ein Wernesgrüner wird gekippt. Nach Säuberung der Utensilien und Aufbruch 20:15 Uhr wird schon 20:30 Uhr ein guter, dichtbelaubter Lagerplatz etwas zurückfahrend nördlich von Sandhof gefunden. Nochmals traktieren uns etliche Plagegeister, was wir wohl den naheliegenden Gewässern zu verdanken haben. Im Zelt setzt sich das Mückenkonzert beim unvermeidlichen Rumpacken fort, es ist fast unangenehm warm. Wegen meiner Nase nehme ich mal eine Tablette. 21:30 Uhr ist Feierabend.
Fahrstrecke:...........75,6 km
Nettofahrzeit:.........6:15 Std.
Ø Geschwindigkeit:.12,0 km/h
Gesamtstrecke:......164,9 km
3.Tag - Donnerstag, 21. Mai
Von 06:00 Uhr und 07:00 Uhr finde ich nur fünfminutenweise Schlaf, zwischendurch gibt's schon Gespräche mit Andy durch die Zeltwände. Dann verfalle ich erneut in Tiefschlaf, und erst gegen 08:30 Uhr geht's aufi. Zunächst bleibt der Himmel eine weiße Masse und es ist kühl, erst später quält sich die Sonne bleich durch die Wolken. Gegen 09:45 Uhr - nach Snickers (bäh!), Zähneputzen, Gesichtwaschen und der Gönnung eines frischen Hemdes - sind wir abmarschbereit. Und da sind auch unsere Freunde, die Stechmücken, schon wieder ziemlich aktiv. 10:50 Uhr erreichen wir, nahezu südwärts fortradelnd, via Neu Poserin über Asphaltwege Gallin. Die Temperatur ist immer noch irgendwie unangenehm, es mag am Wind liegen. Auf einer Bank vor einem kleinen (Lösch?)Teich wollen wir endlich frühstücken. Das sind halt so die Fixpunkte auf den Touren. Diesmal fresse ich allerdings hemmungslos (2 Brötchen, 2 Skorpas, 2 Snickers, Saftschinken, Käse, Marmelade, Apfelsaft...). Im Verlaufe der Rast werfe ich die Windbluse und die Regenjacke über, sogar die Handschuhe kommen zeitweise zum Einsatz. Es gab schon bessere Zeiten! 11:20 Uhr quälen wir uns dann weiter Richtung Westen nach Welzin (oder Weisin?) über den (von uns?) sog. Milchweg - das ist ein von riesigen Kastanien gesäumter Sandweg. Wir passieren verfallene Gehöfte und sichten bald das erste Vater- bzw. Männertagsgespann dieses Jahres in Form eines Treckers mit Anhänger, der sich uns wie ein mittelalterliches Schlachtross entgegenwälzt mit Musik und Remmidemmi. Nächste Station ist 12:30-12:40 Uhr das Örtchen Greven (nordöstlich von Lübz), wo auf einer parkartigen Wiese kurz windgeschützt kampiert wird, mit Blick auf eine Straßenkreuzung und ein weißes Fachwerkhaus. Vom Cyclomaster lese ich 24,3 km ab - weiß aber heute nicht mehr, ob uns das eher begeisterte oder ernüchterte. Schon gegen 13:10 Uhr stoppt der Fangelturm unsere von argem Gegenwind aus Westen gebremste Fahrt. An solchen Bauwerken kann man immer schlecht vorbeifahren, auch einige andere Ausflügler sind zugegen. Der Aussichtsturm wird kurz bestiegen und ein Foto vom umliegenden Ackerland geschossen. Inzwischen macht mir mein linkes Knie (wiedermal) zu schaffen; es sticht bei jeder Kurbelumdrehung seit einigen Stunden. Kraftvolles Treten ist nur mit dem rechten Bein möglich! Weiter geht's in das nördlich von Parchim gelegenen Waldareal. Hier stoßen wir auf Überreste militärischer Anlagen, die auch auf der Karte verzeichnet sind. Natürlich können wir unsere Neugier nicht zügeln und inspizieren erstmal diese Hinterlassenschaften (Betonstrassen, Schienentrasse mit Halle, verschüttete Bunker etc.). Außer einer vergammelten NVA-Konserve läßt sich dem Gelände aber nichts rechtes entlocken. Zur Gedächtnisstütze werden ein paar Bilder gemacht, 14:15 Uhr geht's weiter, 14:45 Uhr passieren wir Neuhof und gestatten uns eine Kurzrast. Weiterhin macht uns der Gegenwind zu schaffen. Nun sind wir bereits wieder im Gebiet des ursprünglichen Kartenblatts, nur weiter im Süden. Die ersten leichten Nieselregen liegen hinter uns, als wir 15:40 Uhr ein Bushäuschen in Alt-Damerow als Rastplatz mißbrauchen. Über die anschließende Routenführung ist mir alles entfallen, ursprünglich sollte es über Garwitz gehen. Gegen 17:00 Uhr überqueren wir die Müritz-Elde-Wasserstraße in Höhe der Friedrichsmoorer Karpfenteiche; hier herrscht trotz des Wetters einiger (Wassersport-)Trubel. Diese Gegend ist uns noch von einem Tagesausflug bekannt. Wir haben die Hoffnung, irgendwo am Jagdschloß Friedrichsmoor einen Imbiß nehmen zu können, da die Gegend hier ansonsten sehr dünn besiedelt und einsam ist. Kurz vor Friedrichsmoor zwingt uns der Regen dann vom Fahrrad: auf einem Rastplatz werden die Ponchos über Körper und Fahrrad gebreitet. Hier liegt wie üblich allerhand Müll herum, unter anderem ein weißer Plastik-Gartenstuhl, dem wir - wenn ich das korrekt rekapituliere - nun endgültig den Garaus machen. Nach kurzer Zeit geht es weiter, aber unmittelbar vor Friedrichsmoor muß ich vor einem exzessiven Schauer erneut unter die Bäume flüchten und den Poncho überwerfen; Andy fährt währenddessen weiter und ist einige Minuten verschwunden. Ein Beweisfoto wird von der regennassen Strasse gemacht, die man jetzt auch für ein munteres Bächlein halten könnte. Unsere Hoffnung auf ein gesittetes Päuschen wird enttäuscht; weit und breit keine Restauration, nicht mal eine schäbige Imbißbude. Da bleibt uns nur die Weiterfahrt, zunächst südwärts, dann westwärts, wo wir unmittelbar an die Autobahn (A241 bzw. A24) im Bereich Autobahndreieck Schwerin gelangen. Mit Blick auf die Autobahn und den lauten Fahrbahngeräuschen im Ohr stehen wir wieder mal im Nieselregen wie Pik Sieben zwischen niedrigen Kiefern herum, aus Frust vernichte ich einen Halben aus meiner Notration (?). Mittlerweile kommt auch schon mal wieder die Sonne durch, es wird ein bißchen heller. Über den folgenden Weg ist nichts überliefert, ich glaube wir bewegten uns parallel zur Autobahn Richtung Westen, nördlich von Dreenkrögen und Lüblow, um dann in den größeren Wald (Wildpark) hinter Lüblow nach links einzubiegen. Die Lagerplatzsuche gestaltet sich etwas schwierig; die Böden sind feucht und uneben, man kann kaum noch etwas sehen. Erst nach einer Stunde Suche finden wir eine gute Stelle, mittlerweile ist es schon 21:45 Uhr und entsprechend dunkel, aber trocken.
Fahrstrecke:...........90,1 km
Nettofahrzeit:.........7:05 Std.
Ø Geschwindigkeit:.12,7 km/h
Gesamtstrecke:......255 km
4. und letzter Tag - Freitag, 22. Mai
Morgens gegen 5:15 Uhr treibt mich ein Bedürfnis aus dem Zelt, was aufgrund der Kälte etwas unangenehm ist; dafür läßt der blaue Himmel aber Hoffnung aufkommen. Die Luftmatratze muß auch schon wieder nachgepumpt werden. Leider ist die nahe Autobahn nicht zu überhören, aber dann wird doch noch weitergeruht, bis erst um 8:15 Uhr die Zeltaktivitäten beginnen. Die Matratze ist schon wieder leer! 9:55 Uhr ist Abmarsch, am Himmel nur lockeres Gewölk und immer noch Sonnenschein. An Bein und Hand (Andy) entdecken wir winzige Zecken, wohl hoffentlich noch rechtzeitig. Nach meiner Erinnerung kommen wir wie schon gestern bei der Lagerplatzsuche noch weiter von der richtigen Route ab; der Ort Jasnitz am Neuen Kanal ist heute wie damals nicht auf der Karte zu finden; hier wird auf einer Brücke 10:10 Uhr ein Foto geschossen und die weitere Wegführung geklärt. Eine längere Rast gönnen wir uns von 11:00 Uhr - 11:35 Uhr bei einem Eis in einer kleinen ostüblichen Rastbaude neben dem Sparladen in Moraas (wieder auf der Karte), bei schönstem Sonnenschein. Hier sehen wir dann auch endlich mal wieder ein lauschiges Restaurant direkt am Wege, wie wir es uns gestern Abend vorgestellt hatten. Als nächstes passieren wir Kirch Jesar, Highlight ist hier das Niederdeutsche Hallenhaus, welchem wir allerdings keine größere Aufmerksamkeit und auch kein Foto widmen. Hinter dem Bahnhof Kirch Jesar beginnt dann der eigentliche Schlammassel. Am letzten Gebäude des Ortes vorbeirollend - ein Mann renoviert hier gerade, schaut, sagt aber nix - geraten wir nichtsahnend in ein ehemaliges Manövergelände (die Karte sagt dazu, wie so oft, nichts). Die Fahrt wird zunächst an einem Erdwall gestoppt, der aber natürlich für uns kein ernstes Hindernis darstellt. Auch die herumliegenden Warnschilder und seltsamen Metallteile nehmen wir wohl nicht gebührend ernst. Also rollen wir - es ist gegen 12:30 Uhr - nach einigen Erkundungen auf einem staubigen Panzertrack geradewegs hinein in die Heidelandschaft, die bei näherer Betrachtung gespickt ist mit herumliegenden Munitionsteilen (Hülsen, Raketenteilen, usw.). Uns wird jetzt doch langsam etwas mulmig. Ein solches Gelände sollte doch besser vernünftig abgeriegelt oder - noch besser - von den Altlasten befreit werden! Denn wenn hier in einigen Jahren das Grün wuchert, wird eine Räumung sicher kaum noch möglich sein. Das Gelände ist scheinbar so abgeschieden, daß sich hier die Tiere ungestört bewegen können: wir sichten mehrere Rehe und auch einen Fuchs. An einer zerfallenen Baracke (mit russischen Schriftzügen) wird eine Erledigungsrast eingelegt. Und weiter geht's, wir versuchen grob unsere Generalrichtung einzuhalten und endlich dieses Gebiet zu verlassen. Dies ist allerdings leichter gesagt als getan, da uns ein größerer Bach die Richtung vorgibt. Unser Weg endet in Sichtweite einer öffentlichen Straße (!) an einer absichtlich abgebrochenen Brücke, auch hier stehen (liegen) Schilder mit Totenkopfsymbolen. Mittlerweile ist es schon 13:30 Uhr, und wir sind nun wirklich etwas nervös langsam, was sich dadurch offenbart, daß ich tatsächlich in Erwägung ziehe, samt Fahrrad über die rostigen, schmalen Eisenträger balancieren zu können und dabei auch noch die größere Lücke zu überbrücken, die selbst Fußgänger von einem Übergang abhalten dürfte. Natürlich verliere ich die Kontrolle über das Bike, welches sich gerade anschickt, den einige Meter hohen Brückenpfeiler hinabzustürzen - ich kann es gerade noch am Sattel festhalten, sonst wäre die Tour hier endgültig beendet gewesen. Andy, der das ganze Unterfangen von Anfang an als absurd einstuft, verfolgt fassungslos das Geschehen. Es bleibt uns tatsächlich nichts anderes übrig, als die letzten (Kilo-)meter zurückzufahren und einen anderen Ausweg aus diesem Areal zu suchen! Der Weg, man kann eigentlich nicht mehr von einem solchen sprechen, führt durch dichten Bewuchs z.T. über deichartige Wälle; diesmal landet Andy aufgrund eines Fahrfehlers im verzeckten Gebüsch. Nach einigem Gefahre ist uns klar, daß wir auch hier nicht aus dem Gelände herauskommen. Links unten liegt weiterhin der nicht zu überschreitende Bach (es müßte die Sude sein). Irgendwann stellen wir die Räder ab und erkunden zu Fuß einen Ausweg, den wir dann auch tatsächlich in Form eines kaum sichtbaren Trampelpfades (wohl von Jägern) finden. Dem folgen wir mit Sack und Pack und gelangen nach einigen hundert Metern entlang eines Zaunes und des Baches - in Sichtweite eines geheimnisvollen Prunk-Anwesens - endlich auf eine öffentliche Straße (vermutlich die 321 in Höhe des Sudenwinkels). Hellau! Damit haben wir mindestens anderthalb Stunden verloren. Richtung Norden gelangen wir, die A24 überquerend, nach Bakendorf, das offenbar keinen besseren Platz als ein Bushäuschen für eine Rast zu bieten hat (15:20 Uhr bis 15:35 Uhr). Über Gammelin und Presek Ausbau peitschen wir uns auf einer gegenwindigen Pflastersteinpassage stur Richtung Westen und erreichen über Zwölf Apostel gegen 15:50 Uhr Wittenburg. Vergammelte Bahnhofsgebäude stehen hier in Kontrast zu sehr schön renovierten Gebäuden. In einem kleinen Parkgelände an einem Teich mit Fontäne gönnen wir uns endlich eine längere Rast und vernichten Schnabbelkram und Getränkereste. Ein Fahrradhandschuh von Andy wird durch eine Windböe in den Teich geweht, kann aber mit einem Holzstock gerettet werden. 16:20 Uhr heißt es auf zur letzten Etappe. Diese verläuft wenig spektakulär entlang der Straße ; erst in Höhe der Schaalmühle kürzen wir durch den Wald bzw. entlang an Wiesen (Kühe, Pferde) Richtung Schaalsee ab, und 17:15 Uhr finden wir unser Auto in Zarrentin so vor, wie wir es 4 Tage zuvor verlassen haben. Das Malheur mit dem Manövergebiet ist fast vergessen, es war doch eine schöne Tour!
Fahrstrecke:...........54,4 km
Nettofahrzeit:.........4:10 Std.
Ø Geschwindigkeit:.13,0 km/h
Gesamtstrecke:......309,4 km
P.S.
Die Rückfahrt führt uns über Neuenkirchen, wo ein deftiges Bauernfrühstück und ein zwei Lübzer den gebührenden Ausklang geben. Mittlerweile waren wir hier auch schon mal mit der Familie.